Forschungstitel:
Entwicklung von neuartigen Elastomergreifern zur hygienischen Handhabung von unverpackten Lebensmitteln mittels Roboter
Arbeitsgruppe: Hygienegerechte Produktion
Forschungsstelle und wissenschaftliche Betreuung:
IGF-Vorhaben: 404 ZBG
Finanzierung: BMWi
Laufzeit: 2012 – 2014
Die Herstellung hygienisch einwandfreier Produkte hat in der Lebensmittelindustrie höchste Priorität und wird auch gesetzlich gefordert. Eine automatisierte Verarbeitung leistet einen wichtigen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit, da hierdurch die Reproduzierbarkeit erhöht und der Mensch als Kontaminations- und Unsicherheitsquelle vom händischen Eingriff bei der Verarbeitung ausgeschlossen wird.
Speziell zur Handhabung von unverpackten Lebensmitteln bedarf es technisch und hygienisch geeigneter Lösungen, die aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht im erforderlichen Maße verfügbar sind. Das liegt auch mit an der bisher zu Verfügung stehenden Greifertechnik, die nur unzureichend in der Lage ist, flexi¬bel auf die unterschiedlichen Produkteigenschaften reagieren zu können. Die Herausforderung liegt in den natürlichen Schwankungsbreiten der zu verarbeitenden Produktpalette (Form, Gewicht) und deren mechanischen Eigenschaften (weich, fest, empfindliche Oberfläche). Bisher industriell angewendete Greifsysteme für das Lebensmittelhandling haben den Nachteil einer eingeschränkten Flexibilität hinsichtlich Greifweg und Greifkraft (mechanische Greifer) oder es können z.B. Flüssigkeiten in ein Unterdrucksystem gesaugt werden, die zu Ablagerungen führen (Vakuumgreifer). Beides kann Qualität und Hygiene der Produkte negativ beeinflussen.
Eine attraktive Alternative zu den bisher verfügbaren Systemen können Elastomergreifer, die als sogenannte Beugefinger aus einem weichen, dehnbaren Material bestehen, darstellen. Die Bewe¬gung der Beugefinger wird dadurch erreicht, dass eine Seite des Materials nicht dehnbar gestaltet wird, so dass sich bei einer Druckerhöhung der Finger im Inneren um diese Seite beugt. Wird der Druck abgebaut, geht die Beugung wieder zurück. Unter dem Aspekt der Anwendung für den Kontakt mit Lebensmitteln haben derartige Greifer den Vorteil, dass sich mit einem solchen System Produktschutz und Sicherheitsaspekte besser als bisher berücksichtigen lassen. Insbesondere die komplett geschlossene Bauweise ermöglicht prinzipiell auch eine hygienische Gestaltung der Greifsystems ohne Hohlräume oder Öffnungen.
Bisher allerdings stehen derartige Greifer für Lebensmittel nicht zur Verfügung. Vor allem die für eine breite Anwendung dieses Greiferprinzips im Lebensmittelbereich erforderliche Kombination aus einem materialwissenschaftlichen Ansatz bezüglich der eingesetzten Elastomere, der konsequenten Umsetzung eines „Hygienic Design“ bereits bei der Konzeption und dem lebensmitteltechnologischen Know-how für Lebensmittelhandling, Qualität und Hygiene erfordern eine wissenschaftliche Bearbeitung dieses Themas.
Es ist daher Ziel des Projektes, die wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen für den Einsatz von Elastomergreifern zur sicheren und schonenden Handhabung von unverpackten Lebensmitteln mittels Roboter als ein Beitrag für die weitere Automatisierung in diesem Bereich systematisch zu erarbeiten. Ein wesentlicher Aspekt stellt die Handhabung von hygienisch sensiblen und empfindlichen Produkten und Rohstoffen, wie z.B. Fleisch oder Teigstücken, dar. Im Fokus stehen dabei typische Problemfelder, für die noch keine befriedigenden Lösungen für eine automatisierte Handhabung existieren. Dazu gehören z.B. das Wenden von Fleisch in Panade, das Abpacken von Geflügelfleisch (Bruststücke und Schenkel), das Umsetzen von Teiglingen, die Handhabung von Pralinen mit unterschiedlichem Dekor u. a.
Somit trägt ein solches Projekt dazu bei, dass speziell im Lebensmittelbereich neue Möglichkeiten für eine qualitätserhaltende und hygienisch sichere Handhabung empfindlicher Produkte mittels Roboter eröffnet werden. Die im Projekt angestrebte Innovation wird hauptsächlich durch Unternehmen der Maschinenbaubranche mit einem hohen Anteil an kleinen und mittelständischen Unternehmen umgesetzt. Für die Unternehmen der Lebensmittelindustrie als Anwender derartiger Lösungen ist neben der höheren Produktsicherheit auch die Reduzierung der Kosten durch flexible Automatisierungslösungen mittels universell einsetzbarer Industrieroboter von hohem Interesse. Diese ist die Grundlage dafür, dass die Unternehmen ihre Marktstellung behaupten bzw. international noch ausbauen können. Das gilt gerade unter dem Aspekt der abnehmenden Verfügbarkeit von Arbeitskräften in Deutschland, die bereit sind im Niedriglohnsektor eine Beschäftigung anzunehmen.
Das hier vorgestellte IGF-Vorhaben wird im Rahmen des Programms „Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF)“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.