Forschung Projektdatenbank Konformität von Lebensmittelverpackungen Migration durch papierbasierte Packstoffe MigPaP

Migration durch papierbasierte Packstoffe MigPaP

Forschungstitel:
Migration durch papierbasierte Packstoffe – modellbasierte und experimentelle Ansätze zur Konformitätsprüfung und Packstoffentwicklung

Arbeitsgruppe: Konformität von Lebensmittelverpackungen

Forschungsstelle und wissenschaftliche Betreuung:

  1. Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV Freising, Dr. Angela Störmer
  2. Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet Papierfabrikation und Mechanische Verfahrenstechnik, Prof. Dr. Samuel Schabel
  3. Technische Universität München, Lehrstuhl für Systemverfahrenstechnik, Prof. Dr. Heiko Briesen

IGF-Vorhaben: 22760 N
Finanzierung: BMWK
Laufzeit: 2023 – 2025

Aufgrund seiner guten Recyclingfähigkeit und Bioabbaubarkeit wird Papier für immer mehr Anwendungen im Bereich des Lebensmittelkontakts eingesetzt. Durch das breitere Anwendungsfeld steigen auch die Funktionalisierung, der Grad der Spezialisierung sowie die Anforderungen an die Barriereigenschaften, die für Papiere benötigt werden. Diesen Entwicklungen stehen die wachsenden Anforderungen zum Schutz der Verbraucher gegenüber, die durch die rechtlichen Grundlagen mit zum Teil sehr niedrigen Grenz- oder Richtwerten für Stoffübergänge aus Verpackungen geregelt werden. Verpackungsmaterialien aus Papier und Karton werden noch immer hauptsächlich mittels Konventionsverfahren geprüft, bei denen das Material in direkten Kontakt mit Wasser und / oder Lösungsmitteln gebracht wird und partiell extrahiert wird. Dadurch kann die Migration einzelner Substanzen gegenüber der Migration auf ein reales Lebensmittel überschätzt werden. Auch eine Prüfung mit MPPO (modifiziertes Polyphenylenoxid – Simulanz E für trockene Lebensmittel gemäß der Kunststoffverordnung (EU) 10/2011) kann die Migration auf reale Lebensmittel aufgrund der starken adsorbierenden Eigenschaften des Simulanz überschätzen. Solche Prüfungen haben deshalb das Potential, Materialien fälschlich als nicht-konform mit den Anforderungen einzustufen. Zudem sind die genannten Prüfungen kosten- und zeitaufwändig.

Um realistischere Prüfbedingungen oder auch theoretische Vorhersagemethoden entwickeln zu können, fehlt ein sicheres quantitatives Verständnis der Transportvorgänge.

Im Projekt MigPaP sollen realistischere Prüf- und Vorhersagemethoden für die Diffusion chemischer Substanzen in und die Migration aus Papier und Pappe zur Konformitätsprüfung und für die Entwicklung neuer Papiere bzw. Verpackungsdesigns mit verbesserter Barriere durch eine Vertiefung des Verständnisses der Stofftransportvorgänge in Papier und Pappe und ihrer Einflussfaktoren etabliert werden.

Im Rahmen des Projekts sollen zum einen die Einflussfaktoren auf die Migration quantitativ untersucht und über Modelle deren wechselseitige Beeinflussung aufgeklärt werden. Daraus sollen Werkzeuge abgeleitet werden, mit denen mehrschichtige Papiere und Verpackungsstrukturen entwickelt und deren Konformität realistisch experimentell geprüft bzw. modellbasiert berechnet werden kann. Diese Erkenntnisse sollen sowohl perspektivisch in Prüfstandards und Normen übernommen werden. Papierherstellern werden so planerische Werkzeuge an die Hand geben, um neue Produkte z. B. mit verbesserter Barriere gegen organische Substanzen zu entwickeln.

Der Aufbau von Papieren oder Pappen aus Fasermaterial, das mit Luft gefüllte Poren umschließt, lässt Transportvorgänge von Substanzen über die Gasphase (schnell) und durch die Faserstruktur (langsamer) miteinander konkurrieren. Weiterhin kann man sich den Transport als Abfolge von Adsorptionen und Desorptionen von der Faser vorstellen. Substanzeigenschaften wie Polarität, aber auch Faser- bzw. die wesentlichen Papier- und Struktureigenschaften (Faserart, Fasermorphologie, Faserorientierung, Faseroberfläche, Porenraum, Schichtaufbau, Karton- und Pappenstruktur, Additive, Füllstoffe, …) sowie die Umgebungsbedingungen (Temperatur, Feuchte) sind Einflussfaktoren für den Stofftransport im Papier und die Migration von Stoffen aus dem Papier in Lebensmittel. Dieses komplexe Zusammenspiel der Einflussfaktoren lässt sich durch realitätsnahe, wenig vereinfachende, dreidimensionale Stofftransportmodelle abbilden (Faser-Poren-Modell). Durch experimentelle Versuche (Migration, Permeation organischer Substanzen) an klar definierten und charakterisierten Papieren und Papierstrukturen werden die Modelle verifiziert und parametriert. Das zum Verständnis notwendige komplexe Modell soll dann wieder vereinfacht werden, die relevanten Einflussparameter in eine Abschätzformel für effektive Diffusionskoeffizienten in der Papierschicht übersetzt werden und die Nutzung von Softwarelösungen, wie sie bereits für Kunststoffen von Prüflaboren und in der Industrie eingesetzt werden, ermöglichen. Die Modelle für Papier und Pappe können mit denen für die Migration bzw. Diffusion in Lebensmitteln und Kunststoffschichten einschließlich Klebstoffen und Druckfarben verknüpft und somit die gesamte Verpackung mit Füllgut abgebildet werden. Gleichzeitig sollen sinnvolle, realistische experimentelle Prüfszenarien für die Ermittlung der lebensmittelrechtlichen Konformität abgeleitet und geeignete Simulantien vorgeschlagen werden. Neben der theoretischen Simulation bzw. experimentellen Messung der Migration für die Bewertung der lebensmittelrechtlichen Konformität sollen entsprechend validierte Modelle auch im Sinne eines virtual prototypings zur Gestaltung von Verpackungen aus Fasern und gegebenenfalls nötigen Barrierelösungen eingesetzt werden.

Das hier vorgestellte IGF-Vorhaben der Forschungsvereinigung Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung e.V. (IVLV e.V.) wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.


Aktuelle Termine dieser Arbeitsgruppe

11. / 12.10.2023
10.10.2023
Konformität von LebensmittelverpackungenSafeCycle (pA) Fraunhofer IVV und Webkonferenz