HMI-Konzeption

Forschungstitel:
Anforderungsanalyse für allgemeine Grundsätze der HMI-Konzeption von Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen in der Lebensmittelproduktion und Ableitung erster Gestaltungsempfehlungen

Arbeitsgruppe: Angewandte Digitalisierung

Forschungsstelle und wissenschaftliche Betreuung:

  1. Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV Dresden, Paul Weber

Finanzierung: IVLV e. V.
Laufzeit: 2021

Das Bedienpersonal an Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen in der Lebensmittelproduktion hat trotz erheblicher Unterschiede zwischen den Maschinen stets vergleichbare Arbeitsaufgaben. Dazu zählen etwa die Beurteilung und Überwachung des aktuellen Maschinenzustands, das Bereitstellen von ausreichenden Mengen an Packstoffen, Qualitätstests und das Beseitigen von Störungen. Besonders der Umgang mit Störungen ist anspruchsvoll, da bei der Verarbeitung und Verpackung von Lebensmitteln die Eigenschaften des Vorprozesses massive Auswirkungen auf Folgeprozesse haben können und die meisten Störungen vom Packgut, vom Packmittel und von deren Wechselwirkungen mit Umweltfaktoren ausgehen. Bei unzureichender Zugänglichkeit von wichtigen Informationen durch nicht arbeitsgerecht gestaltete HMI (Human-Machine-Interface, deutsch: Mensch-Maschine-Schnittstelle, aktuell vor allem Touch-Displays) verkommen die Aufgaben schnell zu einem stumpfen Abarbeiten bekannter Handlungsfolgen. Zudem steigt das Risiko für Fehlbedienungen, z.B. wenn sich Bedienende beim Wechsel zwischen verschiedenen Maschinen einer komplexen Produktionslinie, aufgrund unterschiedlich gestalteter HMI, immer wieder neu eingewöhnen müssen. Infolge bestehender Informationsmängel und uneinheitlicher Gestaltungen werden bspw. bei auftretenden Störungen oft nur deren Symptome beseitigt, bevor die eigentliche Ursache das Problem erneut auslöst. Auch wird die korrekte Einschätzung des Maschinenzustandes und die Wahl der optimalen Betriebsparameter durch nicht arbeitsgerechte HMI erschwert. Dies alles ist nicht nur frustrierend für die Bedienenden, sondern führt im Betrieb auch zu einem stetigen Verlust von Produktqualität, Ressourcen und Produktionszeit. Ein effizienter Maschinenbetrieb, minimierte Störungszeit und ein nachhaltiger Umgang mit eingesetzten Produktionsressourcen können gefördert werden, indem Prozessdaten und Visualisierungsmöglichkeiten in einem nutzer- und aufgabenorientierten HMI-Konzept verbunden werden. Entlang der Produktionskette können somit notwendige Informationen für die Beurteilung des Maschinenzustandes und die Störungsdiagnose und -behebung im Rahmen eines logisch konsistenten HMI-Konzeptes in angemessenem Detailgrad bereitgestellt werden. Die für eine derartige Konzeption notwendigen psychologischen Erkenntnisse, Konzepte und Prinzipien werden bei der aktuellen Entwicklung selten bis gar nicht berücksichtigt, da dieses Wissen in der Nahrungsmittel- und Verpackungsbrache nicht bekannt ist und in den allgemeinen Richtlinien zur HMI-Konzeption wie der DIN EN ISO 9241 kaum erwähnt wird. Somit kann es vom Automatisierungspersonal und Designern, die meist für das HMI zuständig sind, nicht berücksichtigt werden. Es ist jedoch für die Gebrauchstauglichkeit eines HMI von zentraler Bedeutung, die Daten und das Design auf funktionaler Ebene aufgabenspezifisch miteinander zu verbinden.

Das aktuelle Vorhaben verfolgt daher zunächst das Ziel, durch fundierte Analyse des IST-Standes eine Grundlage für die anschließende Entwicklung von Grundsätzen für eine einheitliche HMI-Konzeption für Maschinen unterschiedlichster Typen und Hersteller zu schaffen. Die Analyse dient dabei der Identifikation von Anforderungen und Problemen typischer Nutzungsgruppen, bezogen auf den Umgang mit verschiedenen Maschinentypen. Basierend auf dieser Analyse werden konkrete Zielgruppen von Maschinentypen und Anwendungsdomänen festgelegt und anwenderorientierte Anforderungen in angemessenem Abstraktionsgrad formuliert. Dies ist erforderlich, um bestehende psychologische Erkenntnisse zur HMI-Gestaltung, die für Domänen wie Luftfahrt, Medizin oder die Bedienung von Kernkraftwerken entwickelt wurden, passgenau auf den Maschinen- und Anlagenbau für die Lebensmittelherstellung übertragen zu können. Auf dieser Grundlage sollen im Rahmen des Vorhabens anschließend erste Gestaltungsempfehlungen für Maschinenhersteller zur Verfügung gestellt werden. Diese Grundsätze werden die Unternehmen bei der selbständigen Erarbeitung neuer, effizienter HMI-Konzepte mit hoher Gebrauchstauglichkeit unterstützen.

Merkblatt HMI-Konzeption in der Lebensmittelindustrie